Evaluierung des Operationellen Programms „Beschäftigung Österreich 2014 bis 2020“ des Europäischen Sozialfonds

Die begleitende Evaluierung des Europäischen Sozialfonds (ESF) in Österreich umfasst alle thematischen Prioritäten des Programmes mit Ausnahme der neuen Prioritätsachse REACT-EU: Beschäftigung, Armutsreduktion und Bildung. Eigenes Augenmerk gilt der Übergangsregion Burgenland. Untersucht werden auch die bereichsübergreifenden Ziele „Gender Mainstreaming und Gleichstellung“ sowie „Disability Mainstreaming und Barrierefreiheit“. Der Bericht enthält die aktualisierten Analysen und Einschätzungen zur Konzeption und Umsetzung des Programmes. Der Hauptfokus wurde jedoch auf Wirkungsaspekte gelegt, wobei das Untersuchungsspektrum von qualitativen Ansätzen bis zu kontrafaktischen Wirkungsanalysen reicht. Insgesamt zeigen die Befunde auf vielfältige Weise die positiven Wirkungen des ESF auf, etwa die Effekte auf die Bildungsbeteiligung oder Beschäftigungsintegration der Geförderten oder die Entwicklung und Implementierung innovativer Ansätze. Gleichzeitig werden auch Hinweise auf Herausforderungen und Verbesserungspotential gegeben, um die Leistungskraft des ESF in Zukunft noch weiter zu stärken

L&R Sozialforschung führte die Evaluierung im Rahmen eines Konsortiums gemeinsam mit WIFO und IHS durch. Der Untersuchungsschwerpunkt von L&R Sozialforschung lag dabei auf den Maßnahmen der Prioritätsachse 2 – Armutsbekämpfung. Die Investitionspriorität „Förderung der aktiven Inklusion benachteiligter sowie von Armut bedrohter Personengruppen“ stellt dabei mit rund 31% der Fördermittel (exklusive REACT-EU) ein quantitativ zentrales Element des ESF-Programms 2014-2020 dar. Auch gemessen an den Teilnehmendenzahlen ist die IP 2.1 eine quantitativ bedeutende Priorität: So nahmen bis Ende 2020 laut dem ESF-Monitoringsystem ATMOS 90.639 Personen an Maßnahmen in dieser IP teil, das sind 42% aller Teilnehmenden am ESF-Programm.

Für die Untersuchung der Umsetzung und Wirkung wurde ein breiter methodischer Ansatz gewählt. Ausgehend von der Analyse der Monitoringdaten sowie bestehender Studien und Evaluierungsberichte erfolgten im Rahmen der Prioritätsachse 2 verschiedene Erhebungen: Es wurden zwei Online-Befragungen von Projektverantwortlichen und vertiefende Interviews mit diesen sowie den beteiligten zwischengeschalteten Stellen durchgeführt. Dies bildete eine wichtige Grundlage für die Wirkungsanalyse, die auf mehreren Pfeilern beruht: Neben Ergebnisindikatoren laut ESF-Monitoring wurde eine umfangreiche kontrafaktische Wirkungsanalyse durchgeführt.

Im Rahmen der kontrafaktischen Wirkungsanalyse wurde die arbeitsmarktpolitische Wirkung der Teilnahmen an Stabilisierungsmaßnahmen oder zielgruppenorientierten Beschäftigungsprojekten auf die geförderten Personen präsentiert. Die zentrale Fragestellung lautet dabei, welcher Effekt auf die mittel- und langfristige Erwerbsintegration – gemessen an Zeiten in Beschäftigung, Arbeitslosigkeit oder ohne Erwerbsbeteiligung – sich für die betreffenden Personen durch die Teilnahme am ESF-Angebot ergeben hat. Untersucht wurde die Laufbahn ab Maßnahmeneintritt von Personen mit Teilnahmebeendigungen im Jahr 2017. Damit liegt der Fokus auf Teilnehmenden an zwei für die PA 2 quantitativ bedeutsamen Maßnahmenarten, für welche ein ausreichend langer Beobachtungszeitraum vorhanden ist. Eine besondere Herausforderung bildeten dabei die datenbezogenen Restriktionen, die zu bewältigen waren.

Die Aufarbeitung der Ergebnisse der kontrafaktischen Wirkungsanalyse folgt einem zweistufigen Konzept: In einem ersten Schritt wurden die auch als „Bruttowirkung“ bezeichneten Ergebnisse für die Geförderten dargestellt. Im zweiten Schritt kam ein Kontrollgruppenvergleich zur Anwendung, nachdem mittels eines statistischen Matchings von Registerdaten vergleichbare Personen identifiziert wurden. Durch eine Gegenüberstellung der Ergebnisse von geförderten Personen und den jeweiligen Vergleichspersonen (kontrafaktische Analyse) lässt sich der kausale Effekt der Teilnahme, die sogenannte „Nettowirkung“ der Förderung, ermitteln.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die Teilnahme an Stabilisierungsmaßnahmen eine positive Wirkung auf die Zeiten in Beschäftigung hat. Die Erreichung des Ziels der schrittweisen Heranführung an den Arbeitsmarkt wird am hohen Anteil der Geförderten ersichtlich, die an weiteren arbeitsmarktpolitischen AMS-Maßnahmen teilnehmen. Die Teilnahme an Beschäftigungsprojekten erhöht die Zeiten in Beschäftigung und führt zu einer starken Reduktion der Zeiten in arbeitsmarktfernen Positionen. Durch die Projektteilnahme und die spätere Inanspruchnahme weiterer Maßnahmen werden im Sinne eines Integrationspfades wichtige Schritte zur Beschäftigungsintegration gesetzt.

Bei Beschäftigungsprojekten kann durch die Anstellung als Transitarbeitskraft bereits im ersten Jahr nach dem Eintritt ein starker Netto-Zuwachs der Beschäftigungszeiten um rund 64 Tage beobachtet werden.

Auch bei Beschäftigungsprojekten ist im Vergleich zur Kontrollgruppe keine signifikant unterschiedliche Erwerbseinkommensentwicklung feststellbar. Allerdings kann aufgrund der Tatsache, dass im Zeitverlauf die Differenz zwischen Untersuchungs- und Kontrollgruppe geringer wird, bei Fortsetzung dieses Trends für das sechste oder siebte Folgejahr eine positive Einkommensbilanz erwartet werden.

Der Endbericht zur Evaluierung ist hier auf der ESF-Website zu finden.

Auftraggeber*innen: Bundesministerium für Arbeit
Mitarbeiter*innen: Andreas Riesenfelder, Barbara Willsberger, Claudia Sorger, Lisa Danzer, Ronja Nikolatti
von: 2017 bis: 2022